POLITIK


Das Kapital: Die EZB schürt Unsicherheit


Man kann die gedämpfte Marktreaktion auf die überraschende Zinssenkung der EZB verstehen. Die ganze Zeit hat sie die Konjunkturentwicklung ignoriert und verbissen auf Preise und Geldmengenentwicklung verwiesen.



Jetzt, wo ihr die Datenlage Recht gab und sie deutlich an Glaubwürdigkeit gewonnen hatte, lässt sie die Zügel locker. Nicht, dass der Schritt falsch war, die Bundesbank hätte ihn längst getan. Aber er ist schwer zu verstehen und schürt Unsicherheit. Dass das Geldmengenwachstum nach unten korrigiert wurde, ändert daran nichts, denn die Notwendigkeit dazu war schon seit einiger Zeit vermutet worden.



Für die Märkte ist der Schritt sicher positiv, obwohl 25 Basispunkte keinen großen realen Impuls geben werden. Aber soweit man die EZB-Politik überhaupt vorhersagen kann, ist die Zinsrunde erst am Anfang. Sie läuft jetzt endlich weltweit, und mit jeder weiteren Senkung werden die mittelfristigen Aussichten für Konjunktur, Gewinne und Börse besser. Das Risiko bleibt, dass die US-Geldpolitik diesmal nicht die erhoffte V-förmige Erholung zeitigt. Das wäre der Fall, wenn wirklich Überinvestion das Problem ist, dagegen können Zinsen wenig ausrichten. Dennoch: Am Donnerstag EZB und Bank von England, nächste Woche noch mal die Fed, das sollte den Märkten einstweilen helfen.



Wer profitiert? Kurzfristig die Finanzwerte und sicher TMT. Aber Letztere sind hoch bewertet, leiden unter fallenden Margen und bleiben etwas für spekulative Gemüter. Konservative Anleger machen keinen Fehler, wenn sie auf zyklische Substanzwerte setzen.


BMW Freude am Fahren, Spaß an der Aktie. Ersteres dürfte bleiben, Letzteres auch? Gewiss: Das Quartal hat alle Erwartungen geschlagen. Keiner der Konkurrenten legt ein solches Wachstum hin wie die Münchener. Der margenträchtige Geländewagen X5 geht weg wie warme Semmeln. Insgesamt knapp zehn Prozent mehr Autos abgesetzt, um Rover bereinigt ein Plus beim Umsatz von 33,5 Prozent und beim Vorsteuergewinn von 52 Prozent - das ist nicht mehr zu schlagen.


BMW bremst selbst hoch fliegende Ansprüche. Im zweiten Halbjahr belasten Kosten für die Einführung des Mini und der neuen 7er-Reihe. Die Entwicklung neuer Modelle kostet viel Geld - wie das Management eingesteht. Aber es kommen weitere Risiken hinzu. Die Entwicklung auf den Hauptmärkten in Europa und USA bleibt - vorsichtig formuliert - unsicher. Die Produktpalette wird zunehmend älter. Die 3er- und die 5er-Reihe steuern rund 85 Prozent zu Autoumsatz und Ergebnis bei. Neue Modelle sind jedoch nicht vor 2003 auf dem Markt. In der Zwischenzeit haben die besten Pferde in BMWs Stall gegen eine neue C- und Euro-Klasse von Mercedes-Benz und einen neuen A4 von Audi anzukämpfen. Dass der auf den Markt gebrachte Mini und die 1er-Reihe die Margen drücken, beruhigt nicht gerade.


Das entscheidende Argument gegen die Aktie ist freilich die Bewertung. Mit einem laufenden KGV von knapp 19 ist BMW fast so teuer wie Porsche. Eine höhere Bewertung dürfte für einen Autobauer kaum noch drin sein. Der Sektor ist schließlich schon für den zwölffachen Gewinn zu haben.


Commerzbank Die Mitbewerber werden kaum gelb vor Neid werden, wenn sie die Zahlen der Commerzbank sehen. Zwar scheint das desolate vierte Quartal verdaut. Aber berauschend war der Start ins neue Geschäftsjahr nicht.


Das um rund 17 Prozent gesunkene Handelsergebnis ist unangenehm, war aber beim gegebenen Marktumfeld kaum anders zu erwarten. Was vor allem drückt, sind die Kosten. Die lagen zwar etwas niedriger als im Vorquartal, sind aber im Vergleich zum Vorjahr um satte 19 Prozent geklettert. Das katapultiert die Aufwandsquote der Bank auf 75,5 Prozent, nach 68,5 Prozent im Durchschnitt des vergangenen Jahres. Schuld sind vor allem der Ausbau von Investmentbanking und Asset Management. Aber auch die Kosten für das Privatkundengeschäft belasten, die Aufwandsquote beträgt hier inzwischen fast 96 Prozent. Das heißt, die Bank verdient mit ihrem Filialgeschäft kaum noch Geld.


Damit bleibt für Übernahmefantasien wenig Raum. Zwar könnten Mitbewerber mit Geschäftsfeldern wie dem Asset Management der Commerzbank etwas anfangen. Dazu würden sie sich aber einen riesigen Kostenblock ans Bein hängen und hätten es schwer, die interessanten Bereiche vom Rest zu trennen. Die Commerzbank wird Filialen schließen und hat sich ein strenges Kostenmanagement verordnet. Die Ziele von 15 Prozent Eigenkapitalrendite und 60 Prozent Aufwandsquote erscheinen ehrgeizig; sie werden sich so schnell nicht realisieren lassen. Das Kurspotenzial der Aktie scheint für die nächste Zeit begrenzt.



Quelle: T-Online und Financel Times Deutschland

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