Mit dem Nachtwächter durch das Mittelalter...


Wie ist Geschichte am zugänglichsten ? Wann machen nüchterne historische Fakten jedem Spaß ?
Keine Frage, Geschichte ist sicherlich dann am packendsten, wenn man sie am eigenen Leib erlebt.
In Heidelberg wird seit einiger Zeit einmal die Woche hierzu die Gelegenheit geboten. Die Gruppe "Past-Into-Present" haucht mit ihren historischen Interpretationen Leben in mittelalterliche Figuren.


Jedes Detail stimmt: Der Nachtwächter führt die Gruppe im Original-Outfit an historische Schauplätze des Heidelberger Schlosses. Der mittelalterliche Nachtwächter


Eine Gruppe Menschen wartet am Eingang zum Heidelberger Schloss. Pünktlich um 18 Uhr tritt der Nachtwächter durch den Torbogen aus dem Dunkel, stellt sich vor die Gruppe und begrüßt die Personen. "Ich bin blind wie ein Maulwurf, das mag man mir verzeihen", so seine Worte.



In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts gab es aber nun mal keine modernen Brillen, wie sie Ingo Glückler, so des Nachtwächters bürgerlicher Name, im wahren Leben trägt. Und schließlich soll alles bei der nun anstehenden Nachtwächterführung detailgetreu sein, das ist wichtig. Von den Kleidungsstücken über die Accessoires bis hin zu der Waffe ist alles so authentisch wie möglich gestaltet. Verschiedene Kleidungsstücke wurden sogar in England angefertigt, weil es diese Art von Stoff hier nicht gibt. Und fürwahr, inmitten der historischen Kulisse des Schlosses scheint man urplötzlich durch die Anwesenheit des Nachtwächters um rund 250 Jahre in der Zeit zurückversetzt.


Zu Beginn gibt es dann auch eine ausführliche Erklärung zu der Funktionalität seiner Ausrüstung.


Die Hose beispielsweise war für den Nachtwächter nicht nur eine Hose. Der extra weite Schnitt im Schenkelbereich hatte keinen modischen Hintergrund, sondern eher einen praktischen. Denn die Hose diente auch als mobiler Schrank, in ihr wurde Geschirr, Proviant und Ähnliches aufbewahrt. Auch die Schuhe wurden zur damaligen Zeit etwas praktischer verwendet. Waren die Sohlen auf einer Seite abgelaufen, tauschte man den rechten mit dem linken Schuh einfach aus, sie waren beidseitig verwendbar.


INFO
Nachtwächterführungen:
Freitags, 18 Uhr, am Schlosseingang, ab Mai ab 20 Uhr.
Infos unter 06232/79429 oder 0170/ 4183458.


Randfiguren der Geschichte

Protagonisten bei den Ausführungen des Nachtwächters sind nicht nur die großen Gestalten aus den Geschichtsbüchern, sondern auch jene Personen, über die man sonst bei keiner Führung etwas zu hören bekommt.
So steht am Eingang zum Schlossinnenhof ein einfacher Kriegsknecht aus der Seckenheimer Schlacht von 1462, aus der er gerade zurückgekehrt ist. Auch er erklärt seine Ausrüstung, wie man mit Schwert, Helmbarte und anderen Gegenständen den Feind "bearbeitet". Sein Bericht über die Schlacht ist dann auch nicht unbedingt etwas für zartbesaitete Gemüter, aber auch hier darf die Authenzität natürlich nicht fehlen. Fotografieren ist während der Führung übrigens erlaubt, auch wenn der Kriegsknecht verängstigt fragt, ob sein Seelenheil nicht in Gefahr wäre.


Eine weitere beklagenswerte, weil nicht besonders beachtete Figur in der Heidelberger Schlossgeschichte ist der Marquis Charles de Graimberg. Er kam eigentlich 1810 Verbinert:
Lediglich ein Schild an der Schlossmauer erinnert an Charles de Graimberg



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